Es war 1987 und ich steckte bis zum Hals im faulen Sozialismus der Deutschen Demokratischen Republik. Als ich eines Tages meinen Neffen aus dem Kindergarten abholte, fragte ich ihn was er gemacht hätte.

Seine Antwort lautete: „Eine Kackwurst für den Frieden!“.

So war das damals im Arbeiter- und Bauernstaat, da kämpften schon die Kleinsten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für Frieden und Sozialismus. Für alle, die nicht im Unrechtsstaat DDR leben mussten, sei hier noch erklärt, dass tatsächlich in den Kindereinrichtungen schon die kleinsten Knirpse per Losungen und Parolen, wie „Kacken für den Frieden“, auf den Klassenkampf vorbereitet wurden. Ich gebe zu, diese großartige Tat meines Neffen zur Erhaltung des Weltfriedens bis zum heutigen Tage  ausgeblendet und beinahe vergessen zu haben.

Als ich aber las, dass heute Schüler die Schule schwänzen und das als Demonstration für den Klimaschutz deklarieren, war mein Erinnerungsvermögen wieder voll da und stellte umgehend die Parallelen zur sozialistischen Variante derartigen Schwachsinns her.

Ausgerechnet die Generation junger Leute, die von ihren Eltern mit dem Diesel-SUV Tag für Tag möglichst bis ins Klassenzimmer chauffiert und ebenda wieder abgeholt werden, demonstrieren fürs Klima? Ausgerechnet die jungen Menschen, welche sich Tag für Tag in der Pause beim Bäcker gegenüber der Schule Coffee to go im Pappbecher kaufen, demonstrieren für  Klimaschutz? Junge Leute, die sich nicht vorstellen können, dass man einen Lichtschalter beim Betreten UND Verlassen eines Raumes betätigen kann, demonstrieren für den Schutz unseres Planeten? 

Ausgerechnet die Generation junger Wohlstandsmenschen, die ihren eigenen Wert und den anderer Menschen, über den Besitz des neuesten Smartphones definieren, sind nun Klimaschützer, weil sie Schuleschwänzen zur Demonstration umdeuten?

Die Auswirkung der Kackwurst meines Neffen auf den Weltfrieden beschreibt 1:1 die Wirkung der Schulschwänzer auf das Weltklima.

Die jungen Leute haben auf sehr clevere Art und Weise ihre Eltern unsere Politiker, Würdenträger der Kirchen und Gewerkschaften beobachtet und analysiert. Sie haben offensichtlich daraus gelernt, dass es heute mehr denn je ums WIRKEN und nicht ums BEWIRKEN geht.

Symbolpolitik bewegt nichts, blendet und täuscht gekonnt über seine Wirkungslosigkeit hinweg. Deutschlands Kohleausstieg bis zum Jahr 2038 wird uns als gigantischer Fortschritt verkauft. Was könnten wir alle bewegen, wenn wir uns bewegen würden? Hin zur Bescheidenheit nur das zu verbrauchen, was wir wirklich brauchen.

Mal schauen, was aus diesem „ambitionierten“ Kohleausstiegsplan wird, wenn irgendwann rechte Populisten die Mehrheit im Bundestag abbilden. Kein Problem für die urbanen Wohlstandsumweltschützer, die in ihrer Loft im angesagtesten Stadtteil leben und jeglichen Bezug zur Natur längst verloren haben. Statt klug und durchdacht Strom zu sparen, buchen die einfach einen Ökostromtarif. Je teurer, umso höher ist das im Tarif inkludierte gute Gewissen und das erhebende Gefühl, besser als die anderen zu sein.

Auch hier lohnt sich eine gedankliche Verbindung zum Tagwerk meines Neffen. 

Kommt das Auto ins Spiel, gerät die emotionale Welt sehr vieler Wohlstandsgermanen aus dem Gleichgewicht. Besonders tragisch sind Wortkombinationen wie Auto und Tempolimit, Diesel und Fahrverbot oder PKW und Feinstaub.

In Hamburg wurden in 2018 die Stresemannstraße und die Max-Brauer-Allee für Dieselfahrzeuge gesperrt und das bietet ein ganz wunderbar anschauliches Beispiel von Symbolpolitik, denn beide Straßen liegen ungefähr 8 Kilometer Luftlinie vom Hamburger Hafen entfernt. Angeblich produzieren ja die 15 größten Seeschiffe mehr Schwefeloxide als alle Autos der Welt. Kein Problem, denn wenn es zu verzwickt wird, steigen im Ernstfall 112 Lungenärzte aus der Versenkung empor und liefern pseudowissenschaftlichen Balsam für die geschundene germanische Autofahrerseele.

Auch der Pneumologe ist nur ein Mensch und braucht Aufmerksamkeit. Jeder Dschungelcamp-Promi hat wahrscheinlich mehr Follower auf Instagram als alle Lungenärzte Deutschlands zusammengenommen.

Wenn wir also unseren Kindern und Enkelkindern weiterhin „WIRKEN STATT BEWIRKEN“ vorleben, wird sich auch in Zukunft nichts Wirkungsvolles zum Erhalt unseres wunderbaren Planeten tun. So wird wohl Steven Hawking recht behalten, indem er prophezeite, dass der Menschheit nur noch 100 Jahre bleiben, um eine unbewohnbare Erde zu verlassen.

Wer also das Schwänzen des Unterrichts so clever verkauft, dem gönne ich jeden freien Tag, hoffe aber, dass wenigstens die Spur eines schlechten Gewissens bleibt, denn das wäre ein Zeichen für einen Rest verbliebenen Realitätssinns!