Deutschland erstreckt sich über eine Fläche von 357.386 Quadratkilometern. Im Jahre 2017 lebten in Deutschland 82,79 Millionen Menschen verteilt auf 11.054 Gemeinden und 2056 Städte. Wenn also die Gesamtfläche Deutschlands enteignet und verstaatlicht würde, stünden 357.386.000.000 Quadratmeter Land zur Verfügung, um diese auf 82,79 Millionen Bundesbürger zu verteilen. Auf diese Weise würden jedem Bundesbürger ca. 4316 Quadratmeter deutsche Heimaterde, Autobahn, Wald, Wasser, Bahngleise oder ähnliches zugeteilt.

Ob JuSo-Anführer Kevin Kühnert diese gigantische Bodenreform jemals in Angriff nimmt und wann es soweit sein wird, bleibt sein Geheimnis.

Um die Legende der deutschen Wohnungsnot in ihrem gesamten menschenverachtenden Ausmaß erfassen zu können, lade ich Sie ein mich auf eine kurze und ganz persönliche Zeitreise zu begleiten.

Wir reisen zurück in die Jahre 1966 und folgende. Wir reisen in den südlichsten Zipfel des ersten sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschen Boden. Wir reisen ins Erzgebirge.

Dort lebte ich mit meiner jüngeren Schwester und meinen Eltern glücklich und zufrieden auf rund 40 Quadtratmetern Wohnfläche. Wir besaßen alles, was wir zum leben brauchten. Das ist keine Verklärung des Unrechtsstaates DDR, sondern einfach nur die schlichte Feststellung, dass der Mensch nur wenig braucht, um glücklich zu sein. Ich habe es erlebt.

Es ist Glück, Zeit für sich, die Kinder, die Eltern und echte Freunde zu haben. Glück ist völlig unabhängig von Automarken, jeglichem Konsum und der Größe unserer Behausung. Wo wohnen einfach nur wohnen ist und nicht zum Statussymbol verkommt, ist das Glück am ehesten zu Hause.

Bevor wir also in unsere Zeitmaschine steigen und zurück ins Jahr 2019 reisen, sei festgehalten: Eine vierköpfige Familie kann auf 40 Quadratmetern Wohnfläche nicht nur überleben, sondern auch glücklich und zufrieden sein.

Bruchlandung im Jahr 2019, was für ein Irrsinn, denn heute beträgt die durchschnittliche Wohnfläche pro Wohlstandsgermanen 46,5 Quadratmeter. Eine vierköpfige Familie würde demnach nüchtern statistisch berechnet eine kaum vorstellbare Wohnfläche von 186 Quadratmetern beanspruchen. Bei Licht betrachtet, wird schnell klar, dass es wohl nur wenige Familien mit zwei und mehr Kindern schaffen, sich unter heutigen Bedingungen und zu heutigen Mietpreisen eine solche Wohnfläche einzuverleiben. 

Demnach können es nur Singles, kinderlose Paare und Schwerreiche sein, die diese unglaubliche Verschwendung von Wohnfläche stetig weiter in die Höhe treiben. 2011 betrug die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf bereits schon irrsinnige 46,10 Quadratmeter. Ein Ende dieser Spirale nach oben ist nicht absehbar. 

Wie abgehoben muss man eigentlich sein, um in diesem Land von Wohnungsnot zu sprechen?

All denen, die zutiefst an die Legende von der deutschen Wohnungsnot glauben, sei empfohlen folgenden Flashmob zu organisieren:

Verabredet euch via Twitter, Facebook und Co. immer zur gleichen Zeit an der selben Bäckereifiliale zum Brötchenkauf. Je mehr Leute mitmachen, umso größer und eindrucksvoller wird der marktwirtschaftliche Effekt sein. Der Bäcker wird vom plötzlichen Ansturm überrascht. 

Ergebnis: Brötchen ausverkauft!

Wiederholt man dieses Spiel nun in entsprechender Regelmäßigkeit, stellt sich der Bäcker auf die hohe Nachfrage ein. Es gibt mehr Brötchen und auch noch zusätzliches Verkaufspersonal unter Umständen wird sogar die Filiale umgebaut. Die Kosten legt der Bäcker auf die Kunden um. Die Brötchenpreise steigen. So wird der “Dauer-Flashmob” vor allem für die “alten’” Stammkunden zum Ärgernis. Früher musste man nur selten Schlange stehen, die Brötchen schmeckten besser und obendrein waren diese auch noch billiger.

Wer also keine Ahnung von Flashmobs oder von einfachen marktwirtschaftlichen Wirkungsweisen hat, will unbedingt da wohnen, wo alle wohnen wollen. Wer also im hippen Szeneviertel wohnen möchte, weil wohnen nicht mehr wohnen, sondern Status ist, darf sich mit all den anderen Wohlstandsmenschen in die Schlange stellen und die Wohnung zur Höchstmiete ersteigern.

Schon höre ich den Protest der armen Studenten, die ausgerechnet dort studieren müssen, wo es besonders hipp und teuer ist.

Man kann zwar zum Beispiel auch in Chemnitz oder Mittweida erstklassig studieren und bekommt dort preiswerten Wohnraum in großer Auswahl, aber in den hippen Kreis der mega coolen Status-Studenten befördert man sich so auf keinen Fall. 

Und noch ein Punkt:

In den Jahren 2007 / 2008 waren in Deutschland 1.941.763 StudentInnen imatrikuliert. In den Jahren 2018 / 2019 sind es nun schon 925.823 StudentInnen mehr, nämlich 2.867.586 StudentInnen.

Muss eigentlich jedes Weichei studieren? Und muss es ausgerechnet dort sein, wo Wohnraum besonders knapp und damit auch besonders teuer ist?

Weichei halten Sie für unangemessen und böse? Ich nicht, denn jeder Dritte bricht sein Studium ab und dafür werden vor allem zwei Gründe angeführt: „Unbewältigte Leistungsanforderungen“ ist der  Hauptgrund (30 Prozent), dicht gefolgt von “mangelnde Motivation” (17 Prozent). Ich finde, dass es deutlich klüger ist, sein Studium dort hinzuschmeißen, wo es wenigstens nicht so teuer ist.

Zum Beispiel in Chemnitz, denn dort erhöht sich weiterhin der Wohnungsleerstand:

Den 133.000 Haushalten standen im Jahre 2017 ca. 157.500 Wohnungen gegenüber (Quelle: Wohngebäuderegister Chemnitz). Im Jahr 2017 erhöhte sich die Zahl der Wohnungen um ca. 500, während die Zahl der Haushalte nur um 70 stieg. 2018 setzte sich diese Entwicklung fort.

Der marktaktive Wohnungsleerstand beträgt ca. 8 % bis 9 % und ist damit der höchste unter deutschen Großstädten.

Hätte man es in den vergangenen 30 Jahren geschafft Chemnitz mit einer ICE Verbindung nach Leipzig auszustatten, könnte man locker mit der Bahn zwischen beiden Städten umweltfreundlich pendeln. So wäre es möglich zum Beispiel in Leipzig gutes Geld zu verdienen, um in Chemnitz preiswert zu wohnen. Eine solche Alternative würde auch die Mietpreissituation in Leipzig entspannen.

Dem CBRE-empirica-Leerstandsindex zum 31.12.2017 kann man entnehmen, dass in den ländlichen Schrumpfungsregionen die Leerstände weiter steigen werden: Außerhalb der Wachstumsregionen haben wir heute schon mehr als 300.000 marktaktive Leerstände, bis 2022 könnte diese Zahl auf mehr als 400.000 ansteigen.

Was für eine unglaubliche Wohnungsnot!

Erinnern Sie sich an den Bäckerei-Flashmob? Vielen Menschen reicht heute ein Notebook mit Internetzugang völlig aus, um arbeiten zu können. Ich finde es völlig in Ordnung, dass der hippe Nerd oder Influencer, welcher unbedingt in Berlin Mitte „arbeiten“ muss, dafür gehörig blecht. Man könnte ja auch in einer preiswerten Wohnung in Sachsen Anhalt das Gleiche tun und dabei fett Kohle sparen.

Wir leben im Zeitalter der gefühlten Wahrheiten, warum also nicht auch im Zeitalter der gefühlten Wohnungsnot. 

Reinhard K. Sprenger schrieb einst: “Wähle was Du tust, dann tust Du immer, was Du gewählt hast.”

Auf die gefühlte Wohnungsnot in Deutschland umgemünzt heißt das: “Wohne wo Du willst und zahle, die fällige Miete für den Wohnort, den Du selbst gewählt hast.”